Iran – Land mit zwei Gesichtern

(Kleine Vorwahrnung, der Artikel ist verflucht lang)

 

Der Iran ist anders als ich gedacht habe, als die meisten die ich dort getroffen habe, gedacht haben. Es ist ein Paradies für Reisende aller Nationen (außer natürlich Israel und die USA) und als Reisender kann man sich überraschend gut und frei dort bewegen.

Ich kam am achten November an der türkisch – Iranischen Grenze an. Ich bin aus Van in der Türkei die letzten 75 km getrampt und habe schon vernommen, dass die Grenze um 17 Uhr dicht machen werde. Zeitlich war ich einigermaßen entspannt, da ich um etwa 15.30 nur noch 25 km vor mir hatte. Mein deutlich größeres Problem war das Wetter. Es war arsch kalt. Nicht So wie jetzt in Deutschland sondern es lag überall Schnee. Den Daumen herauszustrecken um ein Auto anzuhalten war die Hölle.

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Dummerweise waren die Leute die in den letzten Kilometern anhielten auch eher darauf bedacht sich ein bisschen Geld dazuzuverdienen, währen ich all meine letzten Lira in Van ausgegeben habe und eh nicht bereit war die Leute zu bezahlen. Letztlich wich meine Zuversicht, rechtzeitig die Grenze zu erreichen mehr und mehr einem gewissen Gefühl der Unbehaglichkeit und ich begann ich zu fragen, wo zum Teufel ich die nächste Nacht zubringen soll. Ich hatte, mal wieder, Glück. Ein netter Mensch brachte mich direkt zur Grenze, einem dunkeln und verlassenen Ort. Außer ein paar türkische Soldaten konnte ich niemanden sehen. Nachdem ich den Jungs glaubhaft gemacht habe, dass ich kein Hippie bin, erklärten sie mir, es sei Heute ausgeschlossen über die grenze zu kommen. Es war nach meiner Uhr erst 16.30 aber es war Türkische Zeit und im Iran ist es 1,5 Stunden später.

Mental hatte ich mich sowieso schon darauf eingestellt, draußen zu nächtigen, also fragte ich, ob ich vor der Grenze Zelten dürfe. Klar durfte ich. Wie gesagt ich war von Schnee umgeben, die Sicherheit war aber wenigstens definitiv gewährleistet. Es kam dann aber doch etwas anders, ein Mann, offenbar ein Grenzbeamter holte mich in den Grenzbereich in eine Hütte mit Kamin und gab mir Kekse und Tee. Später kam ein weiterer Beamter mit einem Auto und brachte mich in Seine Wohnung 3 km von der Grenze entfernt. Dort bekam ich Essen ein eigenes Zimmer und die Sicherheit Rechtzeitig über die Grenze zu kommen.

Am nächsten Tag wurde ich zu Dienstbeginn zur Grenze gebracht und wartete dort wieder in der besagten Hütte auf die Öffnung der Grenze. Ich hatte viel Gesellschaft von mehreren Grenzbeamtinnen, die mir Frühstück gaben und mir sagten ich könne gerne an der Grenze arbeiten wenn ich wolle. Mein Puls stieg langsam, da es ja jetzt doch mal ein ernst zu nehmender Übergang war und ich mir Sicher war, ich werde Probleme haben. So ich merke, ich schreibe mal wieder viel zu ausführlich. Um es kurz zu machen kann ich sagen, der Übergang war überfüllt mit Türken die auch rüber wollten. Es wurden einfach alle Pässe eingesammelt und in Akortarbeit gestempelt. War gar kein Problem. Als ich auf Iranischen Boden stand dachte ich, es müsse jetzt noch irgendwas kommen aber im großen und ganzen hatte ich nur Probleme die Taxifahrer abzuschütteln und ich begann meine Reise durch den Iran.

Ich mag die kurdische Region, auch schon in der Türkei Sie hat was wildes und die Menschen sind furchtbar freundlich. Es ist schade, dass auch hier wieder viel über einen Kamm geschoren wird, es sind keine Wilden oder Terrorristen, es sind meistens nur einfache Leute. Ich kam im Iran nicht sehr weit, bis ich auf den ersten Tee eingeladen wurde. Es war nach etwa 20 km hinter der Grenze. Ich musste mich einer reihe von Taxifahrern erwehren, die mich, nachdem sie gemerkt haben, dass ich nicht für eine fahrt bezahlen werde, auf Tee und Brot und Käse einluden. Am ende lud mich einer von ihnen, ein etwa 20 jähriger Mann, dazu ein bei ihm und seinen Eltern über Nacht zu bleiben. Ich hatte endlich das Gefühl eine solche Einladung annehmen zu können, da ich keinen Stress mehr wegen irgendwelcher ablaufenden Visatermine hatte.

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Er meinte er fahre vor und ein Freund werde mich dann einsammeln. Also wartete ich dort. Ich wartete lange. Niemand kam um mich einzusammeln und es wurde langsam dunkel. Als ich dann in einen benachbarten Laden ging um mir etwas Proviant zu besorgen und mich mal wieder mental darauf vorbereitete draussen zu schlafen fragte mich der Ladenbesitzer wo ich in der Nacht bleiben wolle. Naja was heißt fragen. Er fuchtelte und ich fuchtelte meine Antwort zurück. Er fuchtelte es sei zu gefährlich ich antwortete nein ist es nicht. Dann kam mein Bilderwörterbuch zum Einsatz. Ich deutete auf das gemalte Zelt, er auf einen Räuber und auf einen Wolf. Ich wollte doch eh mal Wölfe sehen also kein Grund zur Panik. Die Kälte war was anderes. Am ende rief er seinen Bruder an, der ein bisschen englisch sprach. Mit diesem verhandelte ich darüber ob ich den Laden wieder verlassen darf oder nicht. Am ende wurde man sich einig. Neben dem Laden steht ein Container mit Teppichboden, der als Gebetsraum dient. Er hat zwar keine Heizung oder anderen überflüssigen Luxus aber er ist Windgeschützt und, was laut meinen Gastgebern noch deutlich wichtiger ist, er ist abschließbar. Nachdem sie mir eingetrichtert haben niemanden, wirklich niemanden außer ihnen die Tür zu öffnen gingen sie nach Hause und ließen mich in dem Gebetsraum zurück. Eine Stunde später kam einer von ihnen wieder mit etwas, dass den Rest meiner Reise massiv beeinflussen sollte. Reis und Huhn. Ich glaube keiner meiner Freunde hat mich jemals Fleisch essen sehen. Ich habe mich dagegen immer sehr erfolgreich gewährt, aber in dieser Situation, ich war extrem hungrig und ich wollte meinen Gastgeber nicht beleidigen aß ich das erste mal Fleisch seid einigen Jahren. Es ist übrigens keine große Erleuchtung und ich werde wieder gut darauf verzichten können aber ich habe mich dazu entschieden auf meiner Reise Fleisch zu essen, solange ich eingeladen werde und/oder es einheimische Gerichte sind. Später sollte ich dann auch feststellen, dass es im Iran doch recht schwer ist, vegetarisch zu leben ohne ein Wort Farsi ohne die Schrift zu kennen.

Die Nacht war kalt, etwa -10 Grad aber sie ging vorbei und ich ging weiter. Am nächsten Tag noch ging ich in die nächstgelegene Stadt und nahm einen Bus nach Teheran.

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Teheran

Nach einer Übernachtfahrt in einem sog. VIP – Bus kam ich in Teheran an, mal wieder ohne zu wissen wo ich in der nächsten Zeit bleiben soll. Couchsurfen ist wirklich ein Segen, da ich einfach auf die Seite von jemanden gekommen bin, der mehr als 820 Referenzen hatte. Der schien mir nicht zu wählerisch und ich rechnete mir gute Chancen aus. Ich bekam auch schnell eine Zusage und machte mich auf den weg durch die 12 Millionen Stadt. Ich sah, dass mein Host Couchsurfen in Teheran dominierte. Jeden Tag eine Veranstaltung, manchmal auch 2 oder 3. Ich war mir auch nicht ganz sicher, was ich von einem Menschen halten soll, der sich selber „Peace Gulf“nennt, als eine Art von Reaktion auf die Konflikte, die arabische und persische Menschen haben. Letztlich erwartete ich einen alten Hippie.

Als ich angekommen bin, öffnete mir einer der normalsten Menschen die ich je gesehen habe die Tür. Ein vollkommen bürgerlich aussehender Mann Anfang bis Mitte vierzig. Aber wir gingen nicht in seine Wohnung, sondern in eine Art eine Stufe runter in einen großen Raum, ausgestattet einer Tischtennisplatte, einigen Stühlen, Anlage und eigentlich allem was man so braucht inklusive Küche und Klo. Die Wände und die Decke waren über und über gespickt mit Postern von Sehenswürdigkeiten überwiegend aus dem Iran aber auch aus einer Menge anderer Länder. Dieser Ort wurde Khayyam – House, nach einem alten persischen Dichter, der über den Genuss des Lebens, und in gewisser weise gegen die islamischen Regeln schrieb, genannt. Schnell merkte ich, dass dieser Ort ein sehr spezieller war. Er ist eine Bastion der Freiheit. Frauen müssen keine Kopftücher tragen, wenn sie nicht wollen und jeder kann seine Meinung kund tun wenn sie oder er es möchte. In dem Raum wurden Englisch-, Türkisch-, Russisch- und für uns auch Farsi Stunden gegeben. Jeden Tag kamen Menschen die etwas lernen oder Teilen wollten. Ein offener Raum der für mich eine große Überraschung war, so hatte ich mir den Iran wirklich nicht vorgestellt.

An diesem Ort begegnete ich einer Menge Menschen. Zwei von ihnen sind hervorzuheben, da ich mit ihnen auch außerhalb von Teheran zu tun hatte. Der erste heißt Maurice kommt aus der Schweiz und ist ebenfalls Reisender. Zu ihm werde ich später einige Worte verlieren. Der andere ist Iraner und für mich eine sehr scharfe Zeichnung für die Unzufriedenheit der Jugend im Iran geworden. Sein Name ist Mouses er lebt als Straßenmusiker und ist, so empfinde ich es jedenfalls, einer der krassen Gegenentwürfe zum regelkonformen islamischen Leben im Iran.

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Mit diesem Menschen habe ich sehr viel Zeit verbracht. Die meiste Zeit haben wir Pingpong gespielt und alkoholfreies Bier getrunken. Ich habe ihn aber auch ab und an begleitet als er spielen gegangen ist. Ich habe schnell gemerkt, dass Mouses hier ebenfalls immer die Augen offen hielt und häufig den Platz wechseln musste. Die Gespräche mit ihm zeigten mir noch mehr, was es bedeuten kann in dem Iran aufzuwachsen. Die für mich selbstverständlichen Dinge waren hier für ihn verboten. Damit meine ich nicht nur mal ein Bierchen trinken, sondern eher Aktivitäten von Gesellschaftlicher Bedeutung. Eine Beziehung aufbauen, Freunde treffen, Partys, tanzen und vor allem und am wichtigsten seine Meinung sagen und vertreten dürfen, all das ist im Iran verboten oder nur sehr eingeschränkt möglich. Aber was bedeutet so etwas? In erster Linie, dass es ein Hobby für die meisten jungen Menschen im Iran ist, Gesetzte zu brechen wie mir erklärt wurde.

Es ist unmöglich zu vergessen, in welchem System man sich bewegt, allein schon, da in jedem öffentlichen Gebäude zwei alte bärtige Männer einen mit ihren Blicken malträtieren. Der Personenkult um Chomeini und Chamenei ist überwältigend. Der „Oberste religiöse Führer“ wie der amtierende Chamenei genant wird bzw. sich selber nennt und von einer anderen Gruppe von religiösen alten Männern legitimiert wurde und von seinem Vorgänger Chomeini vor seinem Tod bestimmt wurde, hält ganz offenkundig nicht viel von Demokratie, wie auch wenn er selber nie demokratisch ermächtigt wurde. Er beeinflusst die gesamte Politik des Landes aus dem Hintergrund. Jeglicher Reformversuch würde an ihm scheitern.

Es ist kein schönes Gefühl, die Bitterkeit in Mouses stimme zu hören wenn er über diese Regierung spricht. Viele warten einfach nur darauf, dass dieser Mann stirbt und hoffen auf Veränderungen, wobei ihnen dabei auch klar ist, dass der nächste auch schon vorbestimmt ist und wohl kaum vom Kurs abweichen wird. Nicht nur Mouses hat mir diesen Eindruck vermittelt, vielmehr war es ein allgemeiner Konsens der Menschen mit denen ich mich im laufe meines Aufenthalts unterhalten habe. Überraschend viele von ihnen haben deutsch gesprochen, die meisten ohne jemals einen Fuß in ein deutschsprachiges Land gesetzt zu haben, einfach aus der Hoffnung heraus, jemals aus dem Iran abhauen zu können und ein neues Leben in Europa, „der Bastion der Menschlichkeit und Freiheit“ zu beginnen. Die Naivität wie in diese Länder herüber gelunzt wird ist unerträglich. Ich will ihnen die Illusionen rauben aber sie glauben sie werden dort reich und glücklich.

Ja es ist unumstritten besser, aber so was Tolles wird ja nicht gerne mit anderen geteilt.

So erst mal genug ausgekotzt,

Teheran hat alles und man findet alles. Man muss nur wissen wo es zu suchen gilt. Ich fand die Stadt gar nicht so verkehrt, auch wenn ich vorgewarnt wurde sie sei furchtbar. Ja sie sieht schon scheiße aus aber die Leute in Teheran waren echt sehr entspannt.

Nach 5 Tagen wollten Maurice und ich weiter, während Mouses noch einige Tage dort blieb um etwas Geld zu verdienen.

Wir sind dann mit einem Bus nach Isfahan, etwa 450 km weiter im Süden gefahren. Eine wirklich schöne Stadt. Viele Parks und ganz viel altes Zeugs. Diese Stadt ist allerdings auch die Perle des Tourismus, was bedeutet, dass man sehr häufig angesprochen wurde. Die Leute hier waren auf englisch sprechende Menschen vorbereitet und man wurde nicht unter fünf mal am Tag angesprochen. Die aller meisten waren sehr höflich und wirklich sehr interessierter. Aber meistens liefen die Gespräche doch eher gleich ab.

„Hey, how are you?“;

„Fine thank’s“

„Where are you from?“

„Germany“

„Oh beutyful, Bayern München is very good team. Neuer, Ribery.“

„Ribery is a french player.“

„Oh yes, haha, wich city?“

„Frankfurt“

„Very nice, I want to go there!“

Wie gesagt die Leute waren super nett und meinten es, da bin ich mir sicher, immer nett und freundlich, doch wenn jemand dieses Gespräch jeden Tag so oft durch quälen muss ist es wirklich anstrengend. Ich habe immer versucht freundlich zu bleiben und nicht genervt zu wirken.

Das ich zunehmend schmallippiger wurde, will ich nicht verhehlen aber ich gab mein bestes, machte ein Interview mit einem kleinen Mädchen mit, die es in ihrer Englischklasse präsentieren wollte und habe mich sogar etwa 15 mal mit Wildfremden fotografieren lassen. So viel Aufmerksamkeit war eine vollkommen neue Erfahrung und ich muss sagen, es ist nicht meine Welt.

Besser gefiel mir die Gastfreundschaft. Wir mussten Couchsuren nicht benutzen, da wir eh immer eingeladen wurden (auch wenn es illegal ist). Die ersten tage kamen wir bei einem alten Mann unter, der mal in Bayern gelebt hat und somit einen unverkennbaren bayrischen Dialekt in seiner deutschen Sprache hatte, es ist ein großartiges Erlebnis, einen 74 Jahre alten Iraner jodeln zu sehen.

Dieser Mann hatte ein Haus mit zwei Wohnungen und lebte dort alleine. Wir zogen in die Zweite Wohnung ein und bekamen morgens eine Art Knäckebrot mit Frischkäse. Der gute redete sehr gerne mit uns und erzählte viel über sein altes Leben in Deutschland, trotz all dieser Geschichten sind wir nie so richtig dahinter gekommen was er da so getrieben hat. Wir sind von ihm aus jeden Tag in die Stadt gegangen, haben altes Zeug angeschaut und auf einem großen Platz rumgehangen und mit Leuten Fotos gemacht.

Aus Isfahan ist auch Nader, ein ehemaliger Kollege, der mir dabei geholfen hat, ein Visa für den Iran zu bekommen. Auch wenn er in Deutschland lebt, lebt sein Bruder und dessen Kinder noch in Isfahan. Nader hat dann auch seiner Nichte Sussan meine Nummer gegeben und damit einen großartigen Kontakt vermittelt. Ich traf mich mit Sussan und ihren Freunden und wir gingen gemeinsam essen. War ein sehr entspannter Abend und am ende zeigten sie mir noch ein bisschen altes Zeug in der Stadt. Mir wurde die Gastfreundschaft derartig unter die Nase gerieben das ich sie schmecken konnte.

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An unserem letzten Abend wussten wir nicht wo wir Pennen sollen, also in den Park und darauf warten, angesprochen zu werde. Hat nicht lange gedauert und eine Familie lud uns ein. Diese Leute stellten sich als schwer konservativ heraus. Neffen. Onkel und Cousins kamen um Hallo zu sagen und mit uns zu reden. Allerdings nur die Männer. Es war alles OK bis sie das Thema auf Israel und die USA lenkten. Es viel mir sehr schwer die Schnauze zu halten. Sie sagten zum Beispiel, dass IS von Israel gegründet wurde um die Islamische Welt zu attackieren oder, dass das Internet im Iran so langsam ist um die Menschen vor geheimen Angriffen zu schützen und nicht, wie es der fall ist, einfach um besser zensieren zu können. Aber als  dann das scheinbar unvermeidliche kam und sie den Holocaust leugneten, bekam ich ein Rauschen in den Ohren und versuchte so Ruhig wie möglich zu widersprechen. Es artete m Glück in keine Diskussion aus, sie begnügten sich damit, in Farsi etwas von Propaganda zu murmeln. Danach hielt ich den Abend kurz und wir verschwanden am nächsten Morgen.

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In Isfahan hatte ich noch die glorreiche Idee auf Rollerblades weiter zu reisen. Kack Idee. Geld aus dem Fenster rausgeworfen, mit Rucksack saftig auf die Fresse geflogen und die blöden Dinger dem nächsten gegeben der sie haben wollte. Nach meinem weniger triumphalen Versuch trampte ich zum Bahnhof kaufte mir ein Ticket Richtung Yazd und fuhr in die historische Wüstenstadt.

Nach all dem Trubel in Isfahan hatte ich eigentlich ein klares Ziel, ich wollte in die Wüste gehen dort mein Zelt aufbauen und einfach mal da sein, wo niemand sich rumtreibt und ich einfach mal mit mir selber bin. Seid dem ich mein Moped nicht mehr habe, habe ich viel Freiheit eingebüßt, da ich nicht mehr einfach an einen verlassenen Ort fahren kann um dort mein Zelt auf zu bauen. Das wollte ich jetzt mal wieder nachholen.

Ich kam am Abend in Yazd an und machte mich sofort in Richtung Wüste auf. Besser gesagt ich lief einfach in irgendeine Richtung los und versuchte diese Richtung beizubehalten. Die Stadt ist eh nur von Wüste umgeben, so schwer kann das also nicht sein. Nach zwei stunden der latscherei machte ich mal wieder eine Trinkpause. Es kam was kommen musste, ein Auto stoppte und ich wurde gefragt, wo hin, woher und wie und sowieso. Es sei zu kalt in der Wüste und ich sollte am besten in ein Hotel gehen. Meine Reaktion war schon lange eingeübt, ich erklärte, dass ich kein Geld für Hotels über habe. Daraufhin wurde ich trotz meiner Proteste zu einem Hotel gefahren. Dort sagte ich noch einmal ich habe kein Geld. „Kein Problem,“ Sie griffen kurz zum Hörer und erklärten dem guten Mann wo er mich hinbringen soll. Ich wurde in ein anderes Hotel gebracht die sich bereit erklärt haben, mich umsonst aufzunehmen. Ich bekam noch ein gratis Essen und dann ging ich ein bisschen verblüfft ins Bett. Am nächsten Morgen war eine religiöse Zeremonie in dem Hotel deshalb war es eigentlich auch geschlossen. Ich war der einzige Gast und sollte mein Zimmer erst um 9 Uhr verlassen, was mir absolut nicht schwerfiel. Dann bekam ich Frühstück, dass selbe was ich schon am Abend gegessen habe, Ash, ein Eintopf in dem ich nur die Zutat Schaf mit Sicherheit bestimmen kann. Dieses Fleisch schmeckt furchtbar wenn man mich fragt und es überdeckt jeden andern Geschmack.

Dann kam ein Mann mit dem Gesicht eines Totengräbers zu mir und bat mich ihm zu Folgen, er sei Polizist und hätte einige Fragen an mich. Klar ich hatte ja nichts falsch gemacht.

Letztlich wurde ich darüber befragt warum

Ich kein Geld habe und wie ich gedenke dieses Land ohne Geld zu bereisen. Für diese Männer kam es einem Verbrechen gleich, nicht dem dekadenten Tourismus zu Folgen sondern einfach zu Reisen. Letztlich sagten sie mir, ich solle das Land schnellst möglich verlassen und die Stadt am besten noch am selben Tag.

Als ich dann in mein Zimmer ging, um mein Zeug zu packen und mich in die Wüste zu verpissen kam dann der Hotelier zu mir und sagte er habe noch einmal mit den Typen geredet und ich könne noch zwei Tage für lau in seinem Hotel unterkommen. Na gut.

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Ruine in der Altstadt von Yazd
Ruine in der Altstadt von Yazd

Yazd ist wahnsinnig schön. Auch ganz viel altes Zeug und man kann sich echt gut in der Altstadt verlieren. Vor dem Hotel parkte ein grüner T3 (Ich werde vermutlich gelyncht wenn das jetzt falsch ist). Darin wohnten zwei Bayern die unterwegs nach Indien waren. Johannes und Anja. Sie warteten gerade auf ihre Reisepässe, die sie nach Deutschland geschickt haben, um ihr Pakistan Visa zu erhalten, da es unmöglich ist, zumindest für deutsche Staatsangehörige, ein Visa in einem anderen Land zu erhalten.

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Mit den Beiden lungerte ich ein bisschen auf dem Parkplatz rum und es war doch eine Recht angenehme Partie. Johannes hat das Auto in 3000 Arbeitsstunden reise bereit gemacht, keine Ahnung wie das zu formulieren ist aber hier ist der Blog.

www.cc.roadtrip.com

Im Hotel waren ansonsten noch vier andere deutsche Backpacker mit denen ich aber nicht so viel gemacht habe. Mal einen kurzen Plausch gehalten aber das wars dann auch.

Nach Ablauf meines Aufenthaltes habe ich mich dann doch noch in die Wüste verdrückt und dort 2 Tage verbracht.

Ich hatte Wasser,ein paar Früchte und etwas Brot dabei. Morgens ging es los ich habe bis an den Rand der Stadt getrampt und bin dann noch 2,5 Stunden in die Wüste rein gelaufen. Ich wollte sicher gehen, dass ich niemanden treffe. Für jemanden der noch nie so was gesehen hat, ist es ein unglaublicher Anblick. Überall Sand und Steine. Soweit man schaut und egal wohin. Die Dünen sahen großartig aus. Ich habe mein Zelt aufgebaut und es ging los. Naja was eigentlich? Ich saß da und hatte nichts zu tun. Keine Musik, kein Buch gar nichts. Nicht ein Geräusch. Ich konnte in Ruhe nachdenken. Aber über was? Über alles und nichts. Es waren lange Tage sehr lange Tage. Ich war traurig und dann wieder flippig. Es war ein komischer Zustand Ich schrieb ein bisschen in mein Buch. Nachts machte ich Fotos. Tagsüber sortierte ich Steine. Ich hab es mir selber ausgesucht und ich wusste auch was auf mich zukommt. Ich habe in der Zeit mehr als 20 Videos gemacht, wovon ich die meisten wieder gelöscht habe.

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Nach diesen zwei Tagen kehrte ich zurück und sah, dass mir Mouses eine Nachricht geschrieben hat, um mich in seine Heimatstadt einzuladen. Bushehr am Golf. Ich hatte da Lust drauf und so ging es dann weiter.

Ich wollte eigentlich nur zum Busterminal trampen, und dann einfach weiter. Es hielt auch schnell ein Auto. Ein alter weißer Wagen. Ich stieg ein und er fragte wo ich hin wolle. Als ich ihm sagte wo ich hin wollte fuhr er mich direkt dahin. Ich war von der Gastfreundschaft der Iraner noch einmal nachhaltig beeindruckt, bis er dann Geld von mir verlangte.

Ich wollte natürlich nicht bezahlen, ich habe das international bekannte Zeichen für trampen gemacht und er hat mir auch nicht vorher gesagt, dass er Geld verlangt. Die Situation wurde zunehmend unangenehm. Er stand vor mir und fuchtelte mit seinen Wurstfingern vor meiner Nase herum. Er sprach kein Englisch und ich kein Farsi. Also brüllten wir uns ein bisschen an, ohne dass der andere die Worte des Brüllenden verstehen konnte. Die Botschaft jedoch war klar. Er will Geld, viel Geld, ich will nicht bezahlen, gar nichts.Es kamen immer mehr Taxifahrer und ich war von 8 Leuten umgeben die mich aufforderten den Blödmann zu bezahlen. Ich nah meinen Rucksack und ging in den Terminal. Er immer hinterher. Letztlich fand sich jemand der dolmetschen konnte ich gab ihm ein 5tel vom verlangten Preis, kaufte mir ein Ticket und tschüss.

Da es keinen direkten Bus nach Bushehr gab, musste ich in Shiraz umsteigen. Nach etwa 14 Stunden war ich dann da und wurde von Mouses und Behtash, Mouses Freund abgeholt.

Mit im Auto saßen zwei Mädels, sie sprachen kein Wort Englisch und waren furchtbar laut. Auch im Iran gibt es Tussies. Eine war 21 die andere 24, beide im Gesicht operiert und heftig geschminkt. Ich habe etwas gebraucht um mich an die beiden zu gewöhnen aber es war dann letztlich eine Art friedliche Koexistenz. Ich musste die beiden allerdings auch nicht lange aushalten, da sie auch den anderen ein bisschen auf den Geist gegangen sind. Ich wies nicht was man großartig zu Busheher sagen soll, es war eine etwas andere Stadt als die anderen. Nicht so touristisch und teilweise nicht so streng. Ich habe tatsächlich am Strand Frauen ohne Kopftuch laufen sehen. Es war auch OK, dass wir mit kurzer Hose in die Stadt gegangen sind. Die wenigsten sprachen Englisch, was mich aber im großen und ganzen gar nicht gestört hat, da ich somit auch nicht dem ewigen frage und Antwort Spiel ausgesetzt war. Wir schmiedeten bald den Plan zusammen nach Shiraz zu gehen. Die beiden wollten Musik machen und ich die Stadt sehen. Mouses lebt von der Musik und hat keinen anderen Job und Behtash bezahlt die Armee dafür das er nicht hingehen muss. Ein bemerkenswertes Beispiel für die Korruption in diesem Land. Also hatten wir alle nichts anderes vor und fuhren, nach einigen Tagen rumhängen und entspannen oder „Waiting for amazing stuff“wie es die beiden nennen, nach Shiraz. Mouses Vater musste auch in die Richtung also hatte er schon mal eine Mitfahrgelegenheit, dieser außergewöhnlich nette Herr hatte aber keinen Bock mit der englischen Sprache konfrontiert zu werden und hasste Behtash weil er mal lange Haare hatte und das nur Frauen tragen. Also mussten wir einen anderen Weg suchen.

Ich habe mir mal wieder keinen Host gesucht aber den anderen versichert, es sei kein Problem, da ich immer irgendwas finde. In diesem Fall hat mich Behtashs Host aufgenommen. Er begrüßte uns mit einem Bier. Kein alkoholfreier Mist wie es ihn eigentlich nur zu kaufen gibt, sonder Alkohol. Die Herstellung ist sagenhaft einfach und elegant. Überall lagerten leere Bierflaschen von alkoholfreiem Bier. Alles zusammen gekippt, etwas Zucker dazu und 1 bis 2 Wochen warten. Das Resultat ist schales süßliches Bier. Aber es ist Alkohol und eine interessante Erfahrung allemal. Unser Host arbeitete in einem Café, das bewusst auf europäisch macht. Ich wurde dann erstmals über meine Einschätzungen zu Stil und Ausstattung befragt und habe mich betont diplomatisch eine gute Stunde Fragen gestellt.

Die Arbeitszeiten erlaubten unserem Host nicht viel Zeit mit uns zu verbringen aber wir waren eh auf der Straße. Die Jungs spielten und ich sah betont deutsch aus, um das Interesse der Passanten auf uns zu lenken, diese Taktik hat Mouses ersonnen, ich bin mir nicht sicher ob es an mir lag oder einfach daran das die beiden tatsächlich was auf dem Kasten haben aber es lief ganz gut.

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Am ersten Abend wurden wir dann von einem Typen angesprochen, der uns zu sich einlud auf ein Essen. Es wurde ein sehr netter Abend und es wurde so spät, dass wir dort schlafen mussten. Am nächsten Tag wieder fröhlich Musiziert und so weiter und so fort.

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Einige Tage vorher bin ich der „Iran India Boat Group“ beigetreten, eine Gruppe auf Couchsurfing, die sich damit beschäftigt, wie man Nach Indien kommen kann ohne Pakistan oder Afghanistan zu durchqueren, was abgesehen von den nicht ganz unrellevanten Risiken auch einfach Technisch nicht möglich ist, da es extrem schwer bis unmöglich ist ein Visa zu erhalten, wer nicht fliegen will dem bleibt nicht mehr viel, der Name sagt alles.

In dieser Gruppe nahm ich Kontakt zu Regi auf, der mit einer Gruppe anderer Menschen zu einer ähnlichen Zeit wie ich in Dubai ankommen würde. Wir verabredeten uns für Dubai. Gleichzeitig meldete sich Maurice wieder und wir wollten zusammen übersetzen (selbstredend per Schiff).

Die Deadline war gesetzt also habe ich Shiraz und die zwei unter Tränen verlassen und nach Bandar Abbas, wo ich mir mein Schiffticket besorgte und auf ein anderes Schiff ging zu meinem letzten Ziel im Iran, Qeshm Island, wo ich mich dann mit Maurice traf. Die Insel ist unglaublich schön. Ich will und kann jetzt nicht alles beschreiben, da ich schon sehr viel gesagt habe. Nur so viel, wir schliefen an einem Berg aus Korallenskeletten und ich habe das erste mal in meinem Leben Kamelherden gesehen.

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Nach zwei tagen zurück aufs Festland, ab auf Bot und am 04.12.2014 betraten wir die Vereinigten Arabischen Emirate. Und damit ging es in Dubai weiter.

Ein Gedanke zu „Iran – Land mit zwei Gesichtern“

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